Bonn – Das Bonner Jobcenter hat eine alleinerziehende Mutter aufgefordert ihre Mietkosten u. a. auch durch Umzug in eine andere Wohnung zu senken, weil ihre Mietkosten um zwei Euro zu hoch sind. In einem Schreiben, dass dem Erwerbslosen Forum Deutschland vorliegt (1) heißt es: „Wie ich Ihnen mit meinem Informationsschreiben vom 14.05.2014 bereits mitteilte, orientier sich die Angemessenheit der Unterkunftskosten an einem Richtwert für die Bruttokaltmiete. Für einen 2-Personen-Haushalt im Stadtgebiet liegt dieser Richtwert bei 558.00 EUR. Die Bruttokaltmiete für die von Ihnen bewohnte Unterkunft (…) beträgt nach den vorliegenden Unterlagen 560,00 EUR und ist somit unangemessen in Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II“. Der jungen schwerkranken Mutter wurde nun Gelegenheit gegeben, ihre Mietkosten innerhalb von sechs Monaten u.a. durch Untervermietung, Reduzierung der Verbrauchskosten (Wasserverbrauch), Verhandlungen mit dem Vermieter oder Umzug in eine neue Wohnung zu senken. Auf dem Wohnungsmarkt in Bonn wären angeblich angemessene Wohnungen verfügbar. Sollte die Alleinerziehende ihre Bemühungen monatlich nicht nachweisen, könnten die Unterkunftskosten auch vor Ablauf der sechs Monate reduziert werden. Mietrückstände durch die Kürzung könnten nicht übernommen werden. Hilfesuchend wandte sich die Frau an das Erwerbslosen Forum Deutschland, da sie nicht wusste wie sie ernsthaft ihre Bemühungen wegen zwei Euro nachweisen sollte. Zudem hatte Sie nach dem Lesen des Schreibens den Eindruck, ihr würde eine schlimme Tat vorgeworfen.
Dazu Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland:
„Dieser Fall zeigt, wie völlig unsensibel Jobcenter Schreiben raus hauen, ohne sich mal die Mühe gemacht zu haben, die Einzelsituation zu betrachten. Leider erreichen solche Horrorschreiben täglich tausende von Menschen in Deutschland, die unnötig wären, wenn man sich mit dem Einzelfall beschäftigen würde. Es hat aber inzwischen deutschlandweit System, dass man sich nicht mehr mit dem Einzelschicksal beschäftigen will, sondern die Menschen mit drohenden und unverständlichen Schreiben bombardiert . Einschüchterung ist hier durchaus eingeplant.
In diesem Fall löst so eine reflexartige Kettenreaktion der Jobcentermitarbeiter wahrscheinlich nicht zu rechtfertigende Folgekosten für die Steuerzahler aus. Sollte diese Frau sich tatsächlich eine andere Wohnung suchen, könnten auf das Jobcenter sehr hohe Kosten für den Umzug, eventuelle Doppelmieten und andere Folgekosten zukommen. Da die Frau schwerkrank ist müsste hier auch ein Umzugsunternehmen bezahlt werden. Wir sprechen hier von mehreren tausend Euro. Auch wenn es monatlich nur zwei Euro sind, wüsste ich nicht, warum die alleinerziehende Mutter diese zwei Euro von ihrem ohnehin schon kargen Regelsatz bezahlen sollte. Das Jobcenter hätte hier eine Ermessenentscheidung treffen müssen. Vor dem Sozialgericht hätte eine solche Entscheidung keine Chance.
In diesem Fall ist es besonders ärgerlich, da das Jobcenter diese Frau vor kurzen schon mal mehrere Wochen hat im Regen stehen lassen. Äußerst dringend benötigte Dinge (Herd, Kühlschrank etc) wurden nicht bewilligt, da ihre Akte an einer anderen Stelle lag. Trotz mehrfacher Vorsprachen wurde sie immer wieder weg geschickt bzw. mit äußerst unverständlichen Schreiben abgespeist“.
Wegen der zugenommen Unmenschlichkeiten in den Jobcentern und den weiter geplanten Verschärfungen, die unter dem offiziellen Titel „Rechtsvereinfachung“ derzeit von der Bundesregierung in der Gesetzgebungsplanung sind, wollen bundesweit Erwerbsloseninitiativen und Gruppen zwischen dem 22. September und 2. Oktober auf die geplanten Verschärfungen aufmerksam machen. Diese laufen unter dem Motto aufRecht bestehen – Keine Sonergesetze im Jobcenter. Für den 2. Oktober ist ein bundesweiter Aktionstag geplant. Weitere Infos dazu unter www.aufrecht-bestehen.de.
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