Bonner Ratsfrau und ein Landtagsabgeordneter vor Ort
Bonn Pünktlich um acht Uhr begann heute erneut ein „Zahltag“ für Hartz IV-Bezieher am Jobcenter Bonn. Dazu aufgerufen hatte das Bündnis „agenturschluss“, ein Zusammenschluss verschiedener sozialer Initiativen. Erklärtes Ziel war die Einforderung vorenthaltener Hartz IV-Leistungen. Dazu gab es zahlreiche Informationen, Transparente und ein Frühstück. In zahlreichen Fällen konnten auch heute erfolgreich Auszahlungen durchgesetzt werden und die betroffenen Menschen mussten diesmal nicht mit leeren Händen wieder nach Hause gehen. Ein junger Mann nannte den heutigen Zahltag einen Segen. Unterstützung erhielt das Bündnis durch die Bonner Stadtverordnete Hannelore Thölke und den Landtagsabgeordneten Michael Aggelidis, beide Linkspartei.
Hannelore Thölke, Bonner Ratsfrau für DIE LINKE war mit der Aktion des „Zahltages“ sehr zufrieden und betonte die Wichtigkeit der unmittelbaren Hilfe für die Betroffenen. Michael Aggelidis nannte die inzwischen sichtbare Armut bei Hartz IV-Beziehern „erschütternd“.
Auch heute schottete sich das Jobcenter wieder ab und ließ Menschen nur nach „strenger Einlasskontrolle“ hinein. Passanten wunderten sich über den Sicherheitsaufwand des Jobcenters und die deutliche Polizeipräsenz.
Wie schon in der Vergangenheit wurden Eingangsbestätigungen von abgegebenen Schriftstücken verweigert, der private Sicherheitsdienst schaute in die Unterlagen von Betroffenen, ob sie ein berechtigtes Interesse zum Betreten des Jobcenters hätten. Ein eklatanter Verstoß gegen den Sozialdatenschutz, wie Mitglieder der aus Köln zugereisten Erwerbsloseninitiative „Die Keas“ meinten.
Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland monierte, dass auch vier Wochen nach Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets in der Eingangshalle oder den Wartezonen des Bonner Jobcenters es an schriftlichen Informationen hierzu fehle.
„Wir haben auch Menschen befragt, ob ihr Fallmanager sie in persönlichen Gesprächen darauf aufmerksam gemacht hat. Von den Betroffenen wurde dies verneint. Nach dem Wirbel um das Bildungspaket in den vergangenen Wochen hätte man das eigentlich erwarten können“, so Behrsing. Im Gegensatz zum vorherigen Geschäftsführer, Dieter Liminski, der in der Vergangenheit sich zumindest persönlich beim Zahltag zeigte, war der neue Geschäftführer Günter Schmidt-Klag heute nicht vor Ort bei den Zahltagaktivisten.
Trotz des größeren Einflusses durch die Bundesstadt Bonn haben sich nach Ansicht des Erwerbslosen Forum Deutschland die Verhältnisse im Jobcenter keineswegs gebessert, sondern verschlechtert. „Zunehmend erfahren wir von wochen- bis monatelangen Verschleppungen von Anträgen auf die überlebenswichtigen Hartz IV-Leistungen. Das endet dann im finanziellen Desaster und ein Spießrutenlaufen. Ebenso ist der Umgang einiger Mitarbeiter mit Hartz IV-Betroffenen schikanös. Menschen mit Migrationshintergrund klagen oftmals über schlechte Behandlung und falsche Bescheide, was für sie erhebliche finanzielle Auswirkungen hat“, so Martin Behrsing.